Alfred von Wierusz-Kowalski


Alfred von Wierusz-Kowalski (1849-1915) gilt als einer der bedeutendsten polnischen Maler des 19. Jahrhunderts. Seine Gemälde illustrierten das Landleben in Polen – die Weite der Landschaft schildert er bevorzugt in rasanten Fahrten mit dem Pferdegespann oder dem winterlichen Wolfsangriff.

Galerie KONSTANZE WOLTER e.artis contemporary

...Stilistisch war A. von Wierusz-Kowalski von seinem Lehrer J. von Brandt geprägt. Wie dieser beherrschte er virtuos die realistische Darstellung des Pferdes in jeder erdenklichen Stellung.

Hans-Peter Bühler in: Münchner Maler im 19. Jahrhundert


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...Leuchtendes Kolorit und klare Konturierung zeichnen seine lebenssprühenden, erdverbunden Bilder aus.

Hans-Peter Bühler in: Münchner Maler im 19. Jahrhundert

Alfred von Wierusz-Kowalski (1849-1915)

Münchner Schule – Exotische Landstriche

Alfred von Wierusz-Kowalski wird auf einem Landgut bei Suwałki im nordöstlichsten Teil des heutigen Polens geboren und studierte in Warschau, Dresden und Prag, bevor er an die Akademie nach München ging. Er wirkte von 1876 bis an sein Lebensende dauerhaft in der deutschen Kunstmetropole und war Teil des sogenannten „Polenkreises“. Seine Malerei wurde bereits zu Lebzeiten überaus hochgeschätzt und mit Preisen ausgezeichnet.

Alfred Wierusz-Kowalski wird als Maler des ländlichen Polens bezeichnet, obwohl er die längste Zeit seines Lebens in München tätig war. Er schöpfte seine Inspiration aus seiner Jugend, wiederkehrenden Reisen und reichhaltigem Anschauungsmaterial, das er in sein Münchner Atelier verbracht hatte.

Wie viele Künstler des 19. Jahrhunderts nutzte der Pole historische oder volkstümliche Kleidung, die im Laufe der Jahre gesammelt wurden sowie Pferdesättel, Geschirre, Waffen, Stoffe, Teppiche, Gefäße etc., um den nötigen Realismus auf die Leinwand so bannen. Das Atelier des Künstlers war reich mit solchen Stücken aus verschiedenen Regionen des Landes ausgestattet, inklusive eines Schlittens. Aus seinem Nachlass sind sogar zwei ausgestopfte Wölfe bekannt, die dem Maler mehrfach als Modell dienten.

So brachte der Maler seine Heimat nach München. Er präsentierte dieses für das städtische Bürgertum so „exotische“ Sujet in zahlreichen Variationen.

Eines seiner Lieblingsmotive sind Szenen, welche die unterschiedlichsten Arten von Pferdegespannen zeigen – Schlitten, Karren, Karren, Kutschen. Seine Kompositionen sind nie statisch, sondern bergen immer auch ein dynamisches bzw. erzählerisches Element.

Mal sind es Jäger oder Soldaten, mal Bauern auf dem Weg nach Hause, zur Kirche oder zum Markt. Feierstimmung überträgt sich auch die Gruppen, die vom Jahrmarkt kommen oder eine Hochzeit begehen.

Die Farben der Landschaft wechseln, je nach Jahres- oder Tagezeit. Das sanfte, hügelige Gelände wird meist mit einer reichen Tiefenwirkung porträtiert. Sonne und Schnee zeigen die Macht der Natur und bieten die Kulisse vor das fröhliche menschliche Treiben oder das ins dramatische und erhabene gesteigerte Geschehen.




...Mittelpunkt der polnischen Szene bildeten Brandt und Wierusz-Kowalski. Sie öffneten ihre wohlhabenden Häuser für die Neuankömmlinge und stellten ihnen „polnische“ Requisiten aus ihrem reichhaltigen Atelierfundus zur Verfügung.

Axel Feuß: Polnische Künstler in München 1828-1914

Polnische Künstler in München

Im 19. Jahrhundert kommen zahlreiche Künstler aus Polen nach München. Eine grundlegende Ursache war die politische Unterdrückung nach den Aufständen gegen die russische Herrschaft in den Jahren 1830 und 1863. Ab den 1870er Jahren bilden die Polen die größte nationale Gruppe in der Münchner Künstlerschaft. In der Kunstliteratur wird gar von einer „Polenkolonie“ gesprochen.

Die Münchner Kunstlandschaft wird als Hauptstadt des Königsreichs Bayern reich gefördert und lockt so über ihre Grenzen hinaus. In erster Linie wird der Ruf der Münchner Akademie zum Anziehungspunkt der Künstler aus dem Osten. Große Namen unter den Professoren strahlten weit über München hinaus. So wird die Kunstschule nach der Ernennung Wilhelm von Kaulbachs zum Direktor (1849) und mit Carl von Piloty (ab 1856 Professor an der Akademie) zu einem wichtigen Zentrum der realistischen Historienmalerei in Deutschland – es entwickelt sich die „Münchner Malerschule“. Auch die kunstsinnigen Herrscher, die Eröffnung der Alte und die Neue Pinakotheken (1836 und 1853) sowie private Galerien, die einen regen Kunsthandel in der Stadt etablieren, schaffen ein kulturell positives Klima.

Bis zum Beginn des 1. Weltkriegs (danach orientiert man sich nach Paris) wird München so zu einem wichtigen Ort der polnischen Kunst, denn fast alle Künstler aus Polen pflegten weiterhin ihr Nationalbewusstsein und halten enge Verbindung nach Polen. Einige von ihnen bleiben dennoch für immer in Deutschland und werden zu wichtigen Vertretern der „Münchner Schule“ – so wie Alfred Wierusz-Kowalski.


...Die perspektivische Verkürzung verleiht den Gemälden von Wierusz-Kowalski die für sie charakteristische Dynamik und den spontanen Ausdruck.

 Eliza Ptaszyńska

Fröhliche Fahrt

Ein Gemälde in Öl von Alfred von Wierusz-Kowalski

Das hier vorgestellte Gemälde „Wilde Kutschfahrt“ entstand wohl um 1900. Es kann als ein Wierusz-Kowalski par excellence angesehen werden. Die Darstellung der polnischen Heimat, des ländlichen Lebens im östlich an Litauen grenzenden Landesteil gehört zu den bevorzugten Themen des Malers. 

Im Vordergrund ist eine junge „Landschönheit“ mit freudig lachendem Gesicht auf einem einachsigen, von einem Schimmel gezogen Pferdekarren zu sehen. Rechts neben der Kutsche jagen zwei braunweiße Hunde heran. Ihre nach hinten wehenden Ohren geben Zeugnis von der schnellen Fahrt, mit der das Gespannt über die Landstraße rollt. Das Pferd wendet seinen Kopf den Hunden zu, ohne von seinem verstärkten Trab abzulassen oder sich gar erschrecken zu lassen.

Die Landfrau auf dem Wagen hält die Zügel locker in beiden Händen. Sie ist in einer blütenweißen Tracht mit rotem Kleid herausgeputzt. Mit einem breiten Lachen richtet sie ihren Blick keck direkt dem Betrachter zu. Es ist nicht Eile oder Not, die sie mit dieser Geschwindigkeit durch das weite Land ziehen lässt, sondern der reine jugendliche Drang und die Lebensfreude.

Obwohl das Geschehen im Vordergrund mehr als die Hälfte des Bildes einnimmt, gelingt es dem Meister aus München, eine reicht Staffelung in der Tiefe vorzunehmen. Im Mittelgrund sehen wir ein weiteres Gespann mit zwei Bauern, das in ruhigerem Gang hinter der Frau zurückfällt. Weiter hinten sind ein kleiner Teich und einzelne in der Landschaft verteilte Bauernhäuser auszumachen. Mit jedem Schritt in die Ferne verschmelzen die Formen immer mehr mit der erdigen, sonnengewärmten Landschaft. Der Horizont scheint endlos.

Auch die differenzierte Malweise unterstützt den Eindruck von räumlicher Tiefe und Weite. Im vorderen Bereich ist ein energischer Pinselstrich zu sehen, der von teilweise gespachtelten Partien durchsetzt ist. Weiter nach hinten wird die Malweise weicher und zarter. Während die realistische gefasste Kutsche vorne von satten Farben und detaillierter Ausführung geprägt ist, werden die Formen und Farben zum Himmel hin immer mehr verdichtet und zugleich transparenter und lichter.

Oben rechts im Himmel ist eine weiße „Wolke“ zu sehen, die sich bei genauerer Betrachtung auch als lichtgefiederte Taube erweisen könnte. Sie könnte als Sinnbild für die junge Bäuerin auf dem Wagen gedeutet werden: Beflügelt von der Jugend und der Sonne fliegt sie über die polnische Landschaft hinweg.